Viele Menschen engagieren sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich in Vereinen, seien es Sportvereine, kulturelle Vereine oder, wie im Fall meiner Mandantin, im Elternverein der Schule ihres Sprösslings.
Wurde man erst einmal von jemandem darauf angesprochen, wie fruchtbringend und förderlich es wäre, wenn man sich in der Funktion eines Vorstandsmitgliedes noch intensiver in den Verein einbringen würde, werden abwägende Überlegungen meist nicht mehr angestellt und man hat binnen kürzester Zeit eine verantwortungsvolle Funktion als Mitglied des Vereinsvorstands inne, obschon man davon ausgeht, dass es sich lediglich um eine sogenannte Pro-Forma-Funktionärstätigkeit handelt. Dass das Eingehen solcher Funktionen doch oft auch unbedachte Konsequenzen und Haftungsfragen mit sich bringt, veranschaulicht das Beispiel meiner Mandantin nur zu deutlich:
Meine Mandantin übernahm die Vorstandsfunktion der Kassiererin des Elternvereins der Schule ihres Kindes. Faktisch konnte sie jedoch ihr Amt nicht ausüben, weil sie, trotz mehrmaliger Versuche, nie eine Zeichnungsberechtigung für das Konto des Elternvereins erhielt. Die Funktion meiner Mandantin wurde daher faktisch durch die Obfrau sowie die bereits aus der vorhergehenden Funktionsperiode zeichnungsberechtigte, stellvertretende Kassiererin ausgeübt.
Kurze Zeit bevor die stellvertretende Kassiererin einen längeren Krankenhausaufenthalt antreten musste, überwies diese, weil nur sie eine Zeichnungsberechtigung für das Konto hatte, im Einvernehmen mit der Obfrau EUR 5.000,00 auf das Konto der Obfrau und übergab ihr auch das Sparbuch des Elternvereins. Dadurch sollten auch in der Abwesenheit der stellvertretenden Kassiererin Subventionsleistungen an Schule und Schüler sichergestellt sein. Die bisher völlig zuverlässige und korrekte Obfrau veruntreute schließlich die übergebenen Gelder in der Höhe von insgesamt EUR 10.099,00 und wurde hierfür auch rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.
Mit seiner Klage forderte der Elternverein nun von meiner Mandantin und der stellvertretenden Kassiererin aufgrund von statutenwidrigen Verhaltens, welches die Straftat der Obfrau überhaupt erst möglich gemacht haben soll, den oben genannten Betrag von EUR 10.099,00.
Das Erstgericht wies die Klage gegen die stellvertretende Kassierin ab und machte allein meine Mandantin, wegen grob fahrlässigen Verhaltens, für die Schädigung des Elternvereins verantwortlich: Sie hätte sich nicht ausreichend bemüht, um die Funktion faktisch wirklich auszuüben und sodann verabsäumt, ihren Rücktritt zu erkären.
Aufgrund der Berufung meiner Mandantin revidierte das Oberlandesgericht Wien schließlich die erstgerichtliche Entscheidung und wies die Klage auch hinsichtlich meiner Mandantin zur Gänze ab. Das gesetzlich angeordnete Vier-Augen-Prinzip war durch das Einvernehmen der Obfrau und der stellvertretenden Kassiererin in ihrer Vorgehensweise gewahrt und kann daher keiner der beiden Kassiererinnen pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden. Nach einem nahezu fünfjährigen Verfahren konnte ich meiner Mandantin nun doch noch zu einer positiven Entscheidung verhelfen.
Lesen Sie dazu die rechtskräftige Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 25.09.2013.